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  • AutorenbildArne K. Fischer

Interior. Leather Bar.

Die Ankündigung für „Interior. Leather Bar.“ kommt imposant daher:

Die sagenumwoben- en, verschollenen 40 Minuten, an expliziten Schwulen-Sex-Szenen aus dem Film Cruising, 1980 von William Friedkin gedreht, sollen reinszeniert werden!


Um den Film in die Kinos zu bringen, musste auf das sexuell anstößige Material während Al Pacinos Ermittlungen im schmuddeligen S&M-Underground verzichtet werden. Nun soll dieser frivole Traum wiederbelebt werden ...Das Material wird nicht wiederhergestellt, auch wenn vielleicht der Trailer des Films diesen Anspruch erfüllt, denn es zeigen sich entgegen der aufgebauten Erwartung neben den Dokumentar- kaum Spielfilmszenen. Auch wenn die Regisseure sich mit der Kürze des zweitägigen Drehs entschuldigen möchten, sind es viele Gesprächsszenen, die die halb-gescriptete-Real-Life Dokumentation in die Länge ziehen. Allerdings werden viele Hintergründe des Making Of´s vom Projekt „Interior. Leather Bar.“ erläutert und eine aktuelle Sichtweise der Schwulenszene New Yorks auf den damaligen Film, die Entwicklung der Szene und den Umgang von Homosexuellen mit der stigmatisierenden Gesellschaftsentwicklung gegeben.

Raffiniert gehen die Regisseure mit der Inszenierung von Val Lauren um. Er wird zum spannendsten Subjekt, da er als Heterosexueller genau darin portraitiert wird, welche Schwierigkeiten sich allein dadurch für seine Schauspielkarriere auftuen, dass er sich entscheidet die Position des polizeilichen Ermittlers einzunehmen den Al Pacino gespielt hat. Wie ehemals Al Pacino, untersucht Lauren den Underground, allerdings am jetzigen Film-Set und sieht sich mit einigen seiner konservativen amerikanischen Einstellungen konfrontiert. Eine brennende Frage entsteht, ob Lauren - dem wie alle anderen des Projekts bewusst ist, dass er kontinuierlich gefilmt wird - den kritischen Charakter spielt oder ob er wirklich so unbedarft in die Situation geraten ist, wie er sich gibt.


Ebenso hintergründig werden Themen eingebunden, wie die sexuelle Orientierung von James Franco oder der brisante amerikanische Schwulenhass, wie es die Aussagen von Lauren´s Agenten am Telefon vermuten lassen. Der Film bezieht hierbei bewusst keine Stellung und lässt neben den wertvollen, resümierenden Gedanken Francos über die Szene, lieber ihre unbekannten Akteure sprechen, die aus freier Überzeugung auch bei den gefilmten Szenen ins äußerste Detail gehen. Explizit gezeigt wird: Wenig. Es gibt einen Arschfick, zumindest indirekt und einen Blow-Job. Val Lauren ist am Ende des Drehs um nie erträumte Erfahrungen reicher und konnte doch abends, unbeschadet bei seinem weiblichen Darling zum Essen aufkreuzen. Auch wenn die Atmosphäre im S&M-Keller durch private Einblicke sehr authentisch vermittelt werden konnte, behält sich die Homo-Szene eine gewisse Integrität vor, die sie mit diesem selbstbewussten Werk nicht aufzugeben braucht. Der Film hat trotz der unnötigen Selbstdarstellung von Mathews und Franco allerdings noch mehr Appetit auf das verschollene Material gemacht, und steigert die Hoffnung auf eine komplette Reinszenierung oder die Bergung etwaiger, originaler Filmrollen.


Interior. Leather Bar. - 60‘

Direktor: James Franco, Travis Mathews Darsteller: Val Lauren, James Franco, Christian Patrick

Leider noch kein Kinostart in Sicht:

Der Artikel erschien in einer früheren Fassung hier:

http://dkritik.de/kritik/interior-leather-bar/

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