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  • AutorenbildArne K. Fischer

Lange Tage am Strand

Und da sind wir plötzlich wo so mancher gerne wäre: Am Strand neben zwei hübschen Frauen, Anfang 40 vielleicht, kaum Falten, der Fokus liegt mehr auf ihrem angenehmen Erscheinungsbild und dem Gespräch, das sie führen. Sie sprechen von ihren Söhnen, die unweit in den glitzernden Wellen der sonnigen Bucht surfen und von den Müttern und der Kamera lustvoll verfolgt werden.

Die Frauen beschreiben die Spielenden wie athletische Gottheiten und erinnern sich an die gemeinsamen Jahre seit ihrer Kindheit. Die Väter sind fern: Der Mann von Lil (Naomi Watts) beerdigt, als ihr Sohn Ian (Xavier Samuel) fünf war. Harold (Ben Mendelsohn), der Mann von Roz (Robin Wright), hat Erfolg an der Universität und zieht diesem bald in die Großstadt hinterher. Nachdem sich schließlich ereignet, was so prickelnd in der australischen Luft zwischen den abgeschiedenen Familienhäusern lag, ständig vom Upper-Class-Ambiente begleitet, ergeben sich zwei sexuelle Beziehungen, die eigentlich nicht verboten sind - es ist nur mit dem Sohn der besten Freundin. Den Jungen gefällt es. Zwei Jahre vergehen, bis sich Tom (James Frechville) an seiner Schauspielschule und in der neuen Welt seines Vaters umschaut, dieser lebt jetzt glücklich in einer anderen, „normalen“ Familie.

Anne Fontaine möchte uns zeigen, dass zumindest das Gedankenspiel so leicht scheint, der Moral etwas entgegenzusetzen: Man muss nur die Coolness gepachtet haben, einem rationellen Verständnis der modernen Welt folgen und dem Bedürfnis der Liebe freien Lauf lassen ... Die harmonische Zeit wird, vergleichbar mit ähnlich problematischen Konstellationen anderer Filme, ausgiebig portraitiert und ist wie in Realität verblendet von potenziellen Problemen, da keiner im rechtzeitigen Moment offen und ehrlich mit allen Beteiligten spricht oder erahnen kann, welchen Weg sich die Liebe bahnt. Dies ist auch der Punkt an dem alles, naja, nicht todlangweilig aber besonders vorhersehbar erscheint. Spätestens hier empfiehlt es sich, das Lustspiel nicht mehr als Melodram zu sehen, sondern über eine gekippte Gesellschaftsfiktion zu schmunzeln, die wenigstens ästhetische Erotik und einen Möglichkeitsraum für die ungewöhnliche Kombination formuliert.

Ob sich Anne Fontaine damit einen Gefallen tut, ist fraglich, denn die zweite Lesart steht gegenüber den Situationen ständig im Vordergrund. Das Belächeln oder der Griff an die Stirn wird zur Geste, die den Charakteren in ihrer Naivität in nichts nachsteht, da sich die Gegebenheiten immer schneller fügen und kaum eine wirkliche Auseinandersetzung mit ihnen stattfindet.

Roz entscheidet sich „vernünftig“ zu werden und setzt dem liebevollen Treiben ein abruptes Ende. Die Überraschung, die der Film nach der Besinnung noch bietet, soll gemein und egoistisch wirken und wird zum konventionellen Todesstoß für eventuelle Versuchspraktiken. Denn die frivole Liebelei geht zumindest für Lil und Tom weiter, trotz Heirat beider Söhne und Kinder mit Frauen in ihrem Alter. Was besonders ärgerlich für Ian ist, den die Trennung zerbricht. Doch Mitgefühl gestaltet sich aufgrund der Filmlänge inzwischen schwierig, denn der Verlust der Dynamik scheint gewollt, um das Scheitern zu verdeutlichen. Das abschließende Bild zeigt uns nochmals die zur Gewohnheit gewordenen grünen Hänge der Bucht, Strand und Wellen, dazwischen die Plattform, auf der … alles beim Alten ist.


Tage am Strand / Two Mothers / Adore - 112‘, Frankreich/Australien 2013. Regie: Anne Fontaine Drehbuch: Doris Lessing, Christopher Hampton Basiert auf einer Romanvorlage von Doris Lessing: The Grandmothers, UK 2003. Produzent: Philippe Carcassonne, Michel Feller, Barbara Gibbs, Andrew Mason Bildgestaltung: Christophe Beaucarne Schnitt: Luc Barnier, Ceinwen Berry Musik: Christopher Gordon Darsteller: Naomi Watts, Robin Wright, Xavier Samuel, Ben Mendelsohn, James Frechville Bildrechte & Verleih: Concorde Filmverleih GmbH Starttermin: 28. November 2013


http://dkritik.de/kritik/lange-tage-am-strand/

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