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  • AutorenbildArne K. Fischer

Somehow bored, amused and alive ...

Das Bedürfnisspiel mit unseren konsumorientierten Augen wird mit dem neusten Film von Jim Jarmusch abseits der kitschigen Weihnachtszeit verwöhnt. Der Wert von Objekten steigert sich, sobald man sie täglich nutzt oder sie vermisst. Besonders für den, der sich ganztags zu Hause einschließt und den Kontakt mit Sonnenlicht oder Menschen vernachlässigt.

So geht es auch Adam (Tom Hiddleston), der in der endlosen Vergänglichkeit gefangen scheint und dessen Atmosphäre sich aus depressiven Erkenntnissen über die Menschheit und dem Verlangen nach neuen sinnlichen Klängen zusammensetzt. Um ihn befinden sich in minutiös ausgestalteten Sets kostbare Musikinstrumente und -technik, die er zum Komponieren seiner Hits braucht. Vieles ist möglichst selten, elegant und berührt das Herz allein schon durch eine vollendete Form oder eine exotische Funktion.

Die schönsten Beiklänge, die Adam in der Welt empfindet, teilt er am liebsten mit seiner Frau Eve (Tilda Swinton), die vorübergehend in Tanger lebt.

Das dortige milde Klima und die Nähe zur Mode kann ihr Adams Detroit nicht bieten. Die Sehnsucht und die Distanz beleben die vielen gemeinsamen Jahre und die sporadischen Vereinigungen werden besonders intensiv gelebt. Zwischen antiken Artefakten ist es nicht das wallende Haar, sondern die galante, belustigende Wortgewandtheit beider, die zeigt was aktuelle Serien vermissen lassen: den Bezug zum Detail und den wenigen und umso wichtigeren Bedürfnissen. Neben den Erinnerungen an Momente der Zeitgeschichte, in denen unser anmutiges Pärchen Edison, Mozart und Paganini dahin führten, zu erfinden was diese für die Ewigkeit festschrieben, zitieren sie oder der Film Rousseau, Descartes und andere, an denen sich wiederholt eine individualistische, sinnliche Verbundenheit mit der Welt abzeichnet. Während Adam sich im Geheimen selbst inszeniert, ist es wunderschön zu erleben, wie stark Eve dargestellt wird. Ihr Lebensmut, die Verbindung zum Jetzt und das Erleben von Beziehung wirkt so angenehm gewollt, dass sie eine besondere Würde ausstrahlt. Auch wenn sich Adam in seiner düsteren Gedankenwelt von anderen sterblichen Wesen berühren lässt, ist es Eve, die ihn führt. Die Morde, die sie begehen müssen, sind kühl und notwendig um ihr Überleben zu sichern. Ihre Spuren sind jedoch zu eindeutig, weswegen sie sich schweren Herzens von der materiellen Welt und dem Garage-Rock-Sound Detroits trennen müssen.

Die Poesie in Jarmuschs farbigen Bildern findet kaum in der Handlung statt. Es sind die belanglosen Objekte und vielmehr das Netz aus Referenzen zwischen den so trivial wirkenden Ereignissen, die sich immer wieder auf die Grundpfeiler des Genres zurückführen lassen. Für Jarmusch scheint klar zu sein, dass derartige Bilder und Handlungspunkte in ihrer Wiederholung nur noch durch kontinuierliche, ästhetische Überhöhung gelingen. Obwohl die Charaktere von allem gelangweilt zu sein scheinen, darf sich keine Bewegung, kein Moment davon lösen oder unwichtig sein und wird somit zur amüsierenden Banalität. Alte Erkenntnisse neu verpackt. Aber selbst den unwissendsten Rezipienten fallen irgendwann die schmeichelhaften Bezüge auf, sodass viel Zeit zum Lächeln und Verweilen in Bildmomenten und dem malerischen Soundtrack bleibt, während sich der Plot langsam zum Ende neigt.


Only Lovers Left Alive, 123‘, USA 2013.

Regie & Drehbuch: Jim Jarmusch Kamera: Yorick Le Saux Produzent: Jeremy Thomas, Reinhard Brundig u.a. Musik: Jozef van Wissem Darsteller: Tom Hiddleston, Tilda Swinto, Mia Wasikowska, John Hurt, Anton Yelchin, u.a. Verleih: Pandora Filmverleih Starttermin: 25. Dezember 2013


Dieser Artikel erschien früher unter:

http://dkritik.de/kritik/somehow-bored-amused-and-alive

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